Besichtigung des Windparks Mainhardt

Rund hundert Personen fanden sich am vorletzten Samstag am Windpark Mainhardt ein, um an einer geführten Besichtigung teilzunehmen, zu der die Ortsverbände Backnanger Bucht und Oberes Murrtal von Bündnis ´90/Die Grünen unter dem Motto „Walderhalt & Windkraft – Hand in Hand“ eingeladen hatten. Diese große Resonanz dürfte mit dem in Oppenweiler/Aspach geplanten Windpark zusammenhängen, der bei vielen Menschen auf Skepsis trifft und bereits zur Gründung einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen geführt hat. Da bei dem seit 2017 in Mainhardt bestehenden und dem geplanten Windpark sehr ähnliche geografische, meteorologische und ökologische Bedingungen gelten, soll die Besichtigung Aufschluss über die Vereinbarkeit dieser Hightechanlagen mit Natur- und Artenschutzauflagen geben.

Etwa ein Drittel der Gäste war per Mietbus gekommen, die Übrigen im eigenen Auto oder mit einer Fahrgemeinschaft. Unter Letzteren gaben sich einige gleich zu Beginn als Windkraftgegner zu erkennen, indem sie Plakate entrollten und hochhielten, auf denen vor Natur- bzw. Waldzerstörung gewarnt wurde, etwa mit dem Foto eines toten Raubvogels, der angeblich gegen einen Rotor geprallt war.

Auf der sehr breiten, geraden Zufahrtsstraße ging die Besucherschar in den Wald hinein und auf eins der drei Windräder zu, die den Mainhardter Windpark bilden und deren Rotoren sich weit oben über den Baumkronen drehten. Nach etwa zehn Minuten kamen die Besucher bei dem großen, freien Platz an, auf dem die Windkraftanlage stand. Dort wurden sie von Herrn Gohl, dem Vertreter der Planungsfirma Uhl Windkraft und damaligen Projektleiter, und dem Revierförster Herrn Deuschle begrüßt. Unter dem schlanken Riesenbauwerk mit den leise rotierenden Flügeln informierten die beiden Experten nun die Besucher über die wichtigsten Fakten.

Dass Windanlagen in Waldgebieten geplant werden, hat mehrere Gründe. Zum einen ist da der politische Wille: Das Land Baden-Württemberg weist hierfür Flächen in staatlichen Wäldern aus. Zum anderen orientiert man sich bei der Standortsuche am Windatlas und entscheidet sich für Flächen, wo ein höheres durchschnittliches Windaufkommen erwartet werden kann, also z. B. für Höhenlagen. Und schließlich führen bei den modernen Windanlagen, die ständig höher werden, die gültigen Mindestabstandsvorschriften zwangsläufig aus den Ortschaften und den sie umgebenden landwirtschaftlichen Flächen hinaus – in den Wald.

Wie Herr Gohl erläuterte, dauerte die Verwirklichung des Projekts Windpark Mainhardt von der Planung über die Genehmigung bis zur Inbetriebnahme der Anlagen – wie Windräder technisch korrekt heißen – mehrere Jahre. Die Planung umfasst auch den kompletten Abbau und das Recycling der Anlagen nach maximal 30 Jahren Betriebszeit.

Herr Deuschle, seit 1994 Revierförster in dem sehr großen Revier, war früh an der Planung beteiligt, weil die drei Anlagen in „seinem“ Staatswald errichtet werden sollten. Er wurde zu den als Standort in Frage kommenden Waldflächen befragt, klärte vorab auch die Waldnutzung und stimmte Flächen und Wege mit der Forstverwaltung ab.

Es war beeindruckend, welche Fülle von Informationen die beiden Experten anführten, auch als sie die Fragen der Besucher beantworteten. Sie brachten klar zum Ausdruck, dass selbst der umweltfreundlichste Kraftwerksbau seinen Preis hat: Immer ist ein Eingriff in die Natur unvermeidbar. Herr Deuschle, der Revierförster, drückte es so aus: „Man kann nicht den Bauch und den Rücken gleichzeitig in der Sonne haben.“ Er persönlich bedauerte sehr, dass bei den Bauarbeiten die Zerstörung einiger jahrhundertealter Wege nicht verhindert werden konnte.

Beide wissen, dass es darauf ankommt, bei dem Eingriff so wenig Schaden wie möglich zu verursachen. Dazu ist ein wohldurchdachter, geordneter Bauverlauf ebenso vonnöten wie die konsequente Einhaltung der begleitenden Biotopmaßnahmen. Im Mainhardter Windpark war der Verlauf nach Meinung von Herrn Deuschle „sehr geordnet und diszipliniert“. Der Wald ist in seiner Einschätzung jetzt wertvoller als vorher. Die Mainhardter Bevölkerung habe die Windanlagen jakzeptiert, und auch die vorab sehr skeptischen Jäger im Revier haben sich zufrieden geäußert.

Ob die Planungsfirma Uhl Windkraft in Oppenweiler/Aspach Anlagen desselben Typs wie in Mainhardt einsetzen wird, ist noch nicht entschieden, aber wahrscheinlich.

Technische und wirtschaftliche Details

Im Windpark Mainhardt stehen im Staatsforst drei Anlagen des Typs V 136 der Firma Vestas. (136 steht für den Rotordurchmesser; ein Rotorblatt ist also über 60 Meter lang.) Sie wurden 2017 in Betrieb genommen. Die Nabenhöhe der Anlagen beträgt 150 Meter und die Gesamthöhe mehr als 200 Meter. (Zum Vergleich: die beiden Türme des Kölner Doms sind 157 Meter hoch.)

Das Fundament besteht aus Beton, ist ca. drei Meter hoch und hat einen Durchmesser von ca. 30 Metern.

Seit der Inbetriebnahme haben die drei Anlagen pro Jahr insgesamt 27 Millionen kWh Strom erzeugt, was dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 8.000 Vier-Personen-Haushalten entspricht oder –anders gesagt – dem Jahresverbrauch einer Kleinstadt. Nach 25 Jahren Betrieb, also im Jahr 2042, wird geprüft und entschieden werden, ob die Anlagen weitere fünf Jahre Strom liefern können. 30 Jahre Laufzeit sind allerdings das Maximum. Während dieser langen Zeit müssen die Rotoren nicht ausgetauscht werden müssen.

Das für die Produktion einer Anlage erzeugte CO2 ist bereits nach einem Jahr Betrieb durch die Einsparung amortisiert.

Der Turm besteht aus ring- bzw. halbringförmigen Stahlelementen, die drei Rotorblätter sind jeweils unter Verwendung von drei Kubikmetern zertifiziertem Balsaholz gefertigt worden.

Beim Aufbauen und Zusammensetzen einer Anlage ist genauso viel Platz erforderlich wie später beim Abbauen und Zerlegen. Der circa 280 Tonnen schwere Koloss kann nur mithilfe eines Großkrans aufgestellt und später wieder abgebaut werden. Für Letzteren muss im Windpark eine 1,8 Hektar große Fläche dauerhaft frei gehalten werden. Die hier eingebüßte Waldfläche wird an anderer Stelle eins zu eins auf mehreren landwirtschaftlichen Flächen durch Aufforstung ausgeglichen.

Nur temporär benötigen die drei Anlagen eine kleinere Fläche (insgesamt 1,3 Hektar) für die Hilfskräne, die zur Montage und zum Lagern der Bauelemente eingesetzt werden. Diese Flächen sind mittlerweile renaturiert.

Die jährlichen Wartungsarbeiten werden im Turm per Aufzug vorgenommen; für sie wird keine Fläche verbraucht.

Die Betriebskontrolle erfolgt per Datenfernübertragung.

Der Rückbau der Anlage und des Fundaments ist vertraglich festgelegt und durch eine Bürgschaft beim Landratsamt abgesichert. Recycelbarer Stahl ist für einschlägige Unternehmen so attraktiv, dass hier keinerlei Rückbaukosten anfallen werden. Auch Beton ist voll recycelbar, etwa für den Straßenbau.

Die Schaltanlagen jeder Windkraftanlage enthalten – wie die meisten Schaltanlagen, z. B. auch die in Atomkraftwerken – zur Vermeidung von Kurzschlüssen insgesamt etwa drei Kilogramm des sehr klimaschädlichen Isolationsgases SF6 (Schwefelelhexafluorid). Dieses muss später, beim Abbau, von Spezialfirmen entsorgt werden. Der Trend geht hier zur umweltfreundlichen Vakuumisolation.

Ökologische und umweltschützerische Details

Beim Bau der 4,50 Meter breiten Zufahrten hat man sich an den vorhandenen Waldwegen orientiert.

Auf Rat des Revierförsters blieben ein Eichenwald, ein Mammutbaum und schützenswerte Flächen erhalten.

Die dauerhaft gerodete Waldfläche ist an anderer Stelle, in Frankenhardt, eins zu eins wieder aufgeforstet worden, und zwar mit klimaresistenten Arten. Es ist also kein Wald verloren gegangen, sondern es gibt nun sogar vielseitigeren Wald als vorher.

Auf den nur temporär gerodeten Flächen wurden klimatauglichere Gewächse (Stieleichen, Elsbeeren u. Ä.) gepflanzt und am Rand mit Wildgehölzen eingefasst. So wurden auch diese Flächen aufgewertet.

Tierpopulationen wie Wildvögel und Fledermäuse wurden erfasst; für sie wurden über 60 Nistgelegenheiten angebracht. Tümpel mit Gelbbauchunken wurden neu angelegt und mit Erfolg besiedelt. Haselmauspopulationen wurden berücksichtigt und Wildtierkorridore respektiert.

Bisher haben weder der Revierförster noch die örtlichen Jäger unter den Windanlagen einen toten Vogel oder eine tote Fledermaus gesehen.

Sämtliche Kosten, die sich durch Naturschutzauflagen ergeben, liegen bei der Firma Uhl.